Leider ist es in unserer Region noch nicht Alltag, dass sich Menschen gegen rechte Ideologie stellen und sie klar als das benennen was sie sind. Häufig sind die, die es tun, nicht nur Anfeindungen von Nazis ausgesetzt. Tourismus, Bildung oder Politik haben Angst einen Imageschaden zu erleiden. Dennoch gibt es eine Reihe von Initiativen, die sich im Bereich des Antifaschismus engagieren. Eine recht junge Initiative ist die Antirassistische SchülerInnengruppe des Herder-Gymnasium Pirna-Copitz. Sie ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass "ihr" Gymnasium den Titel "Schule ohne Rassismus" verliehen bekam. Am 17. November fand ein Fest in der "Herder-Halle" statt, zu dem alle FreundInnen eingeladen waren und der Titel "Schule ohne Rassismus" gefeiert wurde. Rund 250 Gäste folgten dem Aufruf und konnten verschiedenen musikalischen Beiträgen lauschen. Eine Vielzahl von Vereinen und Initiativen präsentierte sich mit Ständen - so zum Beispiel: der HATIKVA e.V., der VVN/BdA, die RAA-Opferberatung Sachsen, die Deutsch-Israelische Gesellschaft, das AKuBiZ e.V. oder die Initiative für einen Volksantrag gegen Rassismus. Daneben gab es die Ausstellungen "Juden in Sachsen" und "Rechts rockt Sachsen" zu sehen. Das Fest war ein großer Erfolg und ungebetener Besuch war an diesem Tag nicht zu sehen bzw. von der Security am Eingangsbereich wieder nach Hause geschickt. Gratulation an die OrganisatorInnen des Festes und weiter viel Erfolg... Einige Wochen später konnten sich Menschen im Dresdener AZ Conni zu guter Musik bewegen und mit ihrem Eintritt die 2. Soliaktion für AsylbewerberInnen in Ostsachsen unterstützen. Obwohl die Veranstaltung am 08. Dezember etwas schleppend anlief, waren letzten Endes doch rund 200 BesucherInnen anwesend und genossen die Töne von "Run Time Error" oder "Sugar Crash". Dabei wurde eine Reihe von Spenden eingenommen, die nun bei einer kleinen Weihnachtsfeier mit AsylbewerberInnen zur Verfügung gestellt werden. Ein weiterer Geldbetrag kam von der bereits oben beschriebenen Gruppe, die am Herder-Gymnasium einen Kuchenbasar organisierten. Außerdem gab es weitere Einzelspenden... Das diese Veranstaltung durchgeführt wurde ist der antirassistischen Gruppe "impact suspect" und dem Pirnaer Verein AKuBiZ e.V. zu verdanken. Diese Initiativen arbeiten ehrenamtlich, was die Organisation meist nicht vereinfacht... Doch manchmal gibt es Menschen, die so etwas erkennen und sich zu gegebenen Zeitpunkt dafür bedanken. So schlug das Kulturbüro Sachsen e.V. den Vorsitzenden unseres Vereins zur Verleihung des Ehrenamtspreises vor, mit dem er am 05. Dezember ausgezeichnet wurde. Natürlich steht dieser Preis nur stellvertretend für die vielen Menschen, die sich dafür engagieren, dass unser Leben lebenswerter wird. Dies betrifft nicht nur die Mitglieder unseres Vereins, sondern auch unsere FreundInnen aus den anderen Städten in Sachsen, die sich täglich mit Nazis oder anderen rechten Ideologen auseinandersetzen müssen. Euch allen weiterhin viel Kraft und Erfolg - vor allem für die Verhinderung des Naziaufmarsches am 13. Februar 2007 in Dresden... Do it again!
[mad]Eingebettet in eine Pseudo-Doku werden die dümmsten Klischees über Hinterwäldler aus dem Ostblock bedient. Borat der Hauptdarsteller reist in die USA um deren Kultur kennenzulernen. Für das Publikum wird diese Reise zur Entdeckungstour in die rassistischen resp. antisemitischen, sexistischen, und homophoben Abgründe des Hauptakteurs. Aber nicht nur in die Abgründe des Hauptdarstellers, sondern auch in die der Menschen, die er während seiner Reise trifft. Was aber wollen die Macher von „Borat“? Die Neuigkeit verkünden, dass es Rassisten, Sexisten und Schwulenhasser gibt? Das diese Leute lächerlich sind? Dem Publikum einen Spiegel vorhalten, um eigene Denkweisen zu offenbaren? Rassismus, Sexismus oder Schwulenfeindlichkeit propagieren? Einfach nur Kohle machen? Scheinbar eher das letzte, denn weder ist das Vorhandensein von Vorurteilen besonders neu, noch regt der Film zum Hinterfragen eigener Denkmuster und Verhaltensweisen an. Mensch könnte zwar meinen, dass Borat als Lackmustest für eigene rassistische Stereotype wirkt. Etwa nach dem Motto: Lache ich mit über antisemitischen Scheiß, bin ich selber ein Antisemit. Aber was wiederum bringt das? Jeder Antisemit lacht gern und herzhaft über derartiges. Und die anderen? Die lachen, weil Judenjagd auch komisch gefilmt werden kann, gehen die dann nach Hause und bemerken, dass sie gerade über einen Judenwitz gelacht haben? Höchst wahrscheinlich nicht. Die Gefahr also, dass sich so schleichend eine Enttabuisierung von rassistischen Späßen etabliert, ist also da und führte zurecht zu Kritik an dem Streifen. Mensch kann natürlich einwenden, dass ein Idiot wie „Borat“ stellvertretend für alle Rassisten steht, somit nicht nur seine Person, sondern diese Denkmuster der Lächerlichkeit preisgegeben werden sollen. Zum einen ist fragwürdig, ob bloßes Auslachen ein geeignetes Mittel im Kampf gegen Rassismus ist, zum anderen, und das wiegt schlimmer, lacht das Publikum bei „Borat“ mit. Es lacht also mit und nicht über Borat. Sollte es sich also bei Borat um den Versuch handeln, eine humoristische Speerspitze gegen Rassisten, Sexisten und Schwulenhasser zu drehen, kann mensch nur sagen: „Setzen! Sechs.“ Der Versuch, den Film als Spiegelbild der Gesellschaft zu sehen, scheitert auch. Borat, der Hauptdarsteller, bietet nicht die Spur einer Identifikationsfläche. Er ist einfach ein Volldepp mit irrem Lachen, in dessen Heimatdorf Judenjagd gespielt wird, der meint Pamela Anderson hätte den „...wunderbaren Arsch einer Siebenjährigen...“, der sich mit Wasser aus der Toilette das Gesicht wäscht und dem die Benutzung von Toilettenpapier fremd ist. Auch mit den anderen Akteuren des Films kann keine Identifikation stattfinden, zu schemenhaft sind sie gezeichnet und zu kurz ihr Auftreten. Ist „Borat“ dann doch purer antisemitischer Propagandastreifen? Die Bürgerpresse verneint dies. In der ihr eigenen Denkweise heißt es schlicht, der Hauptdarsteller und Drehbuchautor Sacha Baron Cohen sei selber Jude, also kann so einer irgendwie doch keinen rassistischen Film machen. Diese Denkweise ist dumm und selbst rassistisch, da sie Menschen per se Eigenschaften aufdrückt, die sich danach bemessen, wessen Kind mensch ist. Aber dieses Entschuldigungsmuster genügt vielen erstmal. Auf jeden Fall wird „Borat“ aller Voraussicht nach ein Kassenerfolg. Kurz nach dem Start stand er auf Platz zwei der Kinocharts. Die große Frage dabei ist, ob das am perfekten Marketing der „Borat“-Macher oder am latenten Rassismus eines Teils der Kinokundschaft, oder an beidem gleichzeitig liegt. Borat - Larry Charles - USA 2006 Quelle: FreibÄrger (2006), Nr. 53, Dezember-Januar-Ausgabe, S. 9
Im Frühjahr 1943 fährt vom Gleis 17 des Bahnhofes Berlin-Grunewald einer der letzten Deportationszüge mit Berliner Jüd_innen nach Auschwitz. Berlin sollte danach "judenfrei" sein. Zuvor wurden schon 70.000 Berliner Jüd_innen aus der Hauptstadt deportiert. In Viehwaggons zusammengepfercht sind 688 Jüd_innen, ein Querschnitt durch die jüdische Bevölkerung: von der gutsituierten Arztfamilie über ein junges Liebespaar, vom Künstler bis zum Boxer, Akademiker oder Hilfsarbeiter, Konservativer oder Anarchist. Kleinkinder und alte Menschen. Chronologisch erzählt der Film die 6-tägige Fahrt in das Konzentrationslager Auschwitz und blendet zum besseren Verständnis der Charaktere immer wieder, mit in Sepia gehaltenen Rückblenden, in die Vergangenheit. Erzählt zum Beispiel wie sich Henry und Lea Neumann kennenlernten oder der Alleinunterhalter Jakob Noschik vor ausverkauftem Haus mit seiner Frau Erfolge feiert. Der Film zeigt mit eindringlichen Bildern die Erinnerungen einiger weniger Überlebender dieser Deportationszüge in die Vernichtungslager im Osten. Er zeigt den jüdischen Widerstand im Zug. Er zeigt nicht nur das Wegsehen, sondern auch die Unterstützung der Deportationszüge durch die deutsche Bevölkerung. Er zeigt, wie die Not der Deportierten ausgenutzt wird: Damit Reinigungskräfte einen Wasserschlauch auf die vergitterten Fenster der Viehwaggons halten, pressen die Verdurstenden Schmuckstücke durch die Ritzen der Holzwände. Der Film zeigt, dass viele wussten was mit den deportierten Jüd_innen geschah. Das machen vor allem die Dialoge zwischen den Lokführern klar. Der eine, ein Antisemit, dem das Leid der Deportierten egal ist. Der andere, durch persönliches Leid in immer mehr Widerstand gehend. Kritiken bemängeln im Film, dieser würde "ein allzu simples Bild dieser Geschichte [des Holocaust] des Dritten Reiches" darstellen. Das ist aber, aus meiner Sicht, auch nicht die Aufgabe des Filmes. Der Film zeigt die letzte Deportation Berliner Jüd_innen ins Konzentrationslager Auschwitz. Es ist in seiner leicht konsumierbaren Art ein Spielfilm und keine Dokumentation, aber unbedingt sehenswert. Deutschland / Tschechien 2006 - Regie: Joseph Vilsmaier, Dana Vávrová FSK: ab 12 - Länge: 123 min.