Wie dem Lokalteil Pirna der Sächsischen Zeitung der Wochenendausgabe vom 25. Februar zu entnehmen ist, endet das Insolvenzverfahren des Familienferien- und Häuserwerks der Naturfreunde Deutschlands um die Burg Hohnstein zum Jahresende 2017. Damit wäre ein Eigentumswechsel der Burg, wenn auch teilweise kompliziert durchführbar, möglich. Aus unserer Sicht kann die Burg nur durch die öffentliche Hand betrieben werden, wie es auch Hohnsteins Bürgermeister Daniel Brade, fordert. Nur diese hat die vollständige Kontrolle über die Zugänglichkeit, den aktuellen Zustand, Ausbau und Betrieb der Burg.
Die Burg hat eine wechselvolle Geschichte erfahren. Unter anderem war sie „Männerkorrektionsanstalt“ und Jugendgefängnis. Ab 1926 war sie Jugendherberge, übrigens die größte im Deutschen Reich. Sie war aber auch Ort des Hohnsteiner Puppenspiels. Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wurde die Burg eines der ersten frühen Konzentrationslager im Deutschen Reich mit tausenden Gefangenen, die entmenschlicht und gequält wurden und zahlreiche Opfer zu verzeichnen hatten. Danach war sie Gefangenenlager für polnische und französische Offiziere und später Kriegsgefangenenlager für jugoslawische und sowjetische Kriegsgefangene. Mehrere der genannten Epochen sind nicht grundlegend erforscht bzw. aufgearbeitet.
Dennoch wird deutlich, dass die Burg ein Ort von überregionaler Bedeutung war und ist. Als eines der ersten Konzentrationslager im Deutschen Reich ist die Burg Hohnstein ein besonderer Ort, an dem deulich wird, dass die Verbrechen der Nazis nicht mit Auschwitz begannen. Die Burg ist somit nicht nur für die Stadt Hohnstein von wichtiger Bedeutung, sondern kann es auch bundesweit als Ort für die historisch-politische Bildung sein. Zwar ist diese kein Allheilmittel gegen menschenverachtende Ideologien, sie kann allerding ein Bestandteil der Bildungsarbeit sein, der besonders in Sachsen nicht schaden kann. Die Möglichkeit, am historischen Ort zu forschen und mit einer Ausstellung über diese Geschichte zu informieren und den Opfern zu Gedenken, muss weiterhin möglich sein.
„Nirgends kann Geschichte besser erfahren und Erinnerung an sie bewahrt werden als an den Örtlichkeiten ihres Geschehens. Authentische Orte, die in der Zeit des Nationalsozialismus eine bedeutende Rolle gespielt haben, gibt es etliche in Sachsen. Doch sind nicht alle diese Orte auch als solche gekennzeichnet und geraten aus diesem Grunde mancherorts in Vergessenheit. (...) Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen. Doch um die Vergangenheit kennen zu lernen, muss es zumindest die Möglichkeit geben, sich mit ihr bekannt zu machen und auseinander zu setzen. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht immer gegeben. Auch auf die frühen Konzentrationslager in Sachsen trifft dies zu. Bei ‚Hohnstein‘ assoziiert jeder die in der Burg befindliche Jugendherberge, doch niemand eines der berüchtigsten frühen Konzentrationslager, das sich ebenfalls hinter diesen alten Mauern befand.“ [1]
Wir organisieren seit Jahren Seminare an verschiedenen Orten nationalsozialistischer Geschichte, darunter auch in Hohnstein. In den letzten 14 Monaten gab es dabei allein acht Fahrten nach Hohnstein - die meisten mit Schulklassen und Jugendgruppen. Der derzeitige Zustand dieses wertvollen Gedenkortes ist unangemessen und seiner Geschichte unwürdig. Es ist dringend notwendig ihn zu erhalten und in einen Zustand zu bringen, der in angemessener Form die Ereignisse vermittelt. An der Konzeption und Finanzierung dieses Gedenkortes mitzuwirken, dafür sind wir gerne bereit.
[1] Baganz, Carina: Erziehung zur „Volksgemeinschaft“?