]Schwere Übergriffe auf Asylbewerber in Löbau markieren Höhepunkte eines rassistischen Alltags
Der Überfall auf George C. In den Abendstunden des 10.5.2006 kam es in der Nähe des Asylbewerberheimes in Löbau zu einem rassistisch motivierten Übergriff auf einen Flüchtling aus Guinea. Der 21-jährige George C. wurde dabei nach eigenen Angaben zuerst von zwei Tätern mit den Worten „Nigger, was machst du hier?“ angegriffen. Dabei würgte ihn einer der Männer und schlug ihm ins Gesicht, während der andere mit einem Handy weitere Angreifer mobilisierte. Wenige Minuten später sah sich Herr C. insgesamt sieben Männern gegenüber, die ihn zusammenschlugen und am Boden liegend traten. Der Betroffene erlitt mehrfache Schürfwunden und Prellungen an Armen, Beinen, Rücken und Auge sowie eine Schnittverletzung am Unterarm, die nach seiner Wahrnehmung von einem Messer verursacht wurde.
Die Probleme der Polizei mit Opfern und Tätern
Am darauf folgenden Tag wurde Herr C. von der Polizei im Heim abgeholt, um auf dem Revier ein Protokoll anzufertigen. Dort mußte der Flüchting persönliche Sachen und Kleidung abgeben und wurde, lediglich mit einer Unterhose bekleidet, nach eigenen Angaben für ca. sieben Stunden eingesperrt. Eine Vernehmung fand nicht statt. Mitarbeiter von AMAL suchten gestern gemeinsam mit dem Betroffenen das Polizeirevier auf, um den Sachverhalt zu hinterfragen. Dabei stellte sich heraus, daß Herr C. einer Bedrohung tatverdächtigt wurde, die sich kurz zuvor vor der Berufsschule ereignet haben soll. Die Berufsschule liegt in unmittelbarer Nähe zum Heim und es kann vermutet werden, daß die Täter vom Mittwochabend aus dem angeschlossenen Internat kamen. Herr C. war am Morgen nach dem Übergriff bei der Schulleitung, um auf sein traumatisches Erlebnis aufmerksam zu machen. Nach Angaben der Polizei konnte der Tatverdacht nicht erhärtet werden, was zur Entlassung von Herrn C. führte. Herr C. sagt „Niemals würde die Polizei so mit einem Deutschen umgehen.“ Bis jetzt wurde er als Geschädigter nicht von der Polizei befragt. Das Tagebuch des Polizeireviers in Löbau gibt für den Vorfall am Mittwochabend lediglich eine „Beleidigung“ her; eventuell wird Herr C. sogar hier als Tatverdächtiger geführt. Der Rest des Eisberges Die Erlebnisse, die den AMAL-Mitarbeitern von Herrn C. geschildert wurden, decken sich mit den Erfahrungen anderer Flüchtlinge in Löbau. Niemand zähle mehr die Beleidigungen, so berichten afrikanische Flüchtlinge unisono mit pakistanischen Angestellten eines Restaurants. „Viermal wurde ich in Sachsen angegriffen“ berichtet Herr G. aus Nigeria, „viermal Anzeige bei der Polizei, nie wurde ein Täter verurteilt.“ Über die Brennpunkte am Bahnhof und an der Berufsschule sagt Herr J. aus Liberia: „Ich versuche die täglichen Beleidigungen, die „Nigger raus!“-Rufe zu ignorieren. Aber das hört einfach nicht auf. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.“ Löbau und die Welt Für die Flüchtlinge ist klar, daß auch der schwere Übergriff auf einen Heimbewohner aus Pakistan in den Abendstunden des 11.5. auf das Konto Rechtsradikaler geht. Der Betroffene mußte mit schweren Stichverletzungen in eine Dresdener Klinik eingeliefert werden. Sehr genau registrieren die Flüchtlinge auch Vorfälle wie den Mordversuch an Ermyas M. in Potsdam und den rassistischen Doppelmord in Antwerpen. Diese Nachrichten und ihr eigenes Erleben verursachen große Verunsicherung und Angst. Die Polizei sei kein Ansprechpartner, denn „sie gibt uns weniger Rechte als den Deutschen“, so Herr G. Die Flüchtlinge haben nur diesen Wunsch: Sie wollen Gleichbehandlung, Respekt und Sicherheit. Diesen Wunsch artikulieren zu müssen, wirft ein düsteres Licht auf Behörden und Bevölkerung in Löbau. Je stärker der Nährboden für Rassismus, desto schlechter ist es um den Zustand der Menschenrechte bestellt.
