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Gedenkveranstaltung auf der Burg HohnsteinAm 10. März 2018 erinnerten fast 100 Teilnehmende den Verbrechen im Frühen KZ Hohnstein. Vor 85 Jahren - am 8. März 1933 - besetzte die Schutzabteilung (SA) die Burg und verhaftete den Leiter der damaligen Jugendburg, Konrad Hahnewald. Eine Woche später kamen die ersten LKW mit Häftlingen auf dem Marktplatz an. Die Inhaftierten mussten Zwangsarbeit leisten: am Rathaus, am Sportplatz, am Steinbruch Heeselichtmühle oder beim Umbau der Wartenbergstraße. Die Kolonnen zogen unter Bewachung durch die Stadt - die Häftlinge waren sichtbar. Außerdem handelte es sich bei hunderten Verhafteten um Menschen aus den umliegenden Ortschaften sowie größeren Städten wie Pirna, Sebnitz, Neustadt, Bad Schandau oder Heidenau. Sie hatten Familienangehörige, Freund*innen und Kolleg*innen, die über die Verhafteten sprachen bzw. nach ihnen fragten. Die Öffentlichkeit wurde im April 1934 auch über einen Bericht im Prager Rundfunk informiert. Der Hohnsteiner Pfarrer Walter Schumann beschwerte sich an verschiedenen Stellen über die Behandlung der Häftlinge. Dies führte zu seiner Amtsenthebung. Das KZ Hohnstein, eines der ersten Konzentrationslager im Deutschen Reich, war also keines Wegs ein Geheimnis.

Zu einer Veranstaltung in Erinnerung an die Verbrechen, luden wir deshalb am Samstag ein. Der Tag begann mit einer kleinen Gedenkwanderung um Hohnstein. Überrascht waren wir vom großen Interesse. Mit etwa 40 Personen haben wir gerechnet, allein 70 kamen zur Wanderung. Darunter waren eine Reihe von Angehörigen ehemaliger Häftlinge, wie Roland Hering, Enkel des in Hohnstein ermordeten Martin Hering aus Struppen. Wir liefen von Hohnstein, vorbei am Rathaus bis zum Ritterfelsen. Von hier gibt es einen beeindruckenden Blick auf die Burg. Von dort aus ging es weiter auf die Napoleonschanze und zurück zum Marktplatz. Im Anschluss an die Wanderung stieg die Zahl der Teilnehmenden noch einmal auf fast 100 Personen an. Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Daniel Brade legten wir Blumen und Gebinde an der Gedenkstele nieder. Auch Gabriele Hahn, Enkelin von Konrad Hahnewald, sprach zu den Anwesenheit und mahnte, das Geschehene nicht vergessen zu lassen. Es folgte eine Führung zur Geschichte des Frühen KZ Hohnstein über die Burg. Dabei wurden historische Fotos gezeigt und Zitate ehemaliger Häftlinge verlesen. Der Sozialdemokrat Alfred Kühnel aus Saupsdorf bei Sebnitz, gab zu Protokoll: „Ich kam im März 1933 nach Hohnstein, (...)  Früh fünf Uhr wurden wir am Gasthof auf den LKW verladen. Vor dem langen Tunnelgang standen SA-Männer zur ‘Aufnahme’ bereit. An einer Tafel saßen oder standen sechs bis sieben Nazi-Schläger. Jeder befragte mich und schlug mir ins Gesicht, ent- weder mit einem Riemen oder mit der Peitsche, ein anderer wieder mit der Faust oder einem Knüppel. Und im Tunnelgang standen wieder SA-Männer, an denen wir vorbei getrieben wurden, bis hinauf auf den oberen Platz. Jeder trat uns mit dem Stiefel. Danach jagten uns diese Verbrecher die Stufen zum Burggarten, zum .Sportplatz' hinunter, der in die Geschichte als .Schleifstein', als üble Folterstätte der Nazis eingegangen ist. Dort jagte man uns im Dauerlauf herum. Wer nicht mehr konnte, meist ältere Kameraden, musste auf einer Bank Knie- beugen machen und dabei Ziegelsteine anheben, die an einem Strick festgebunden am Hals hingen. Besonders die ersten Tage waren schlimm."

Bürgermeister Daniel Brade sprach außerdem über die aktuelle Situation der Burg Hohnstein und die damit verbundenen Zukunftsperspektiven. Die Veranstaltung endete mit Präsentationen und Live-Musik durch den Pirnaer Laien-Chor Pir-Moll. Es begann die 10. Klasse des Radebeuler Gymnasiums Luisenstift mit der Vorstellung ihres Projektergebnisses. Sie gestalteten mehr als 20 Tafeln zur Burg-Geschichte, die sie nun an den Hohnsteiner Bürgermeister übergeben konnten. Er nahm sie entgegen und wird sie innerhalb der nächsten zwei Wochen der Öffentlichkeit zugänglich machen - entweder auf der Burg oder im Rathaus. Darauf folgte die Vorstellung von Rechercheergebnissen zum Kriegsgefangenenlager durch die Schwarz-Roten Bergsteiger*innen aus Dresden. Als solches wurde die Burg Hohnstein ab Oktober 1939 genutzt, was bisher kaum in der Öffentlichkeit bekannt ist. Viele Teilnehmende hätten später gern noch weitere Gespräche gesucht und Informationen getauscht. Vielleicht werden wir dafür zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal einen "Raum" zur Verfügung stellen.

Wir danken allen für das große Interesse, die Offenheit und Hilfe. Die Veranstaltung wurde unterstützt durch die VVN-BdA Sachsen und gefördert durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen.

 
Hintergrundinformationen zur Geschichte:
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