Sommer 2001: Die rot-grüne Bundesregierung wendet sich verstärkt der Problematik Rechtsextremismus zu und fördert modellhafte Projekte, die in den Neuen Bundesländern u.a. Betroffene rechter Gewalt unterstützen. Damit können in Sachsen Strukturen ausgebaut und vor allem professionalisiert werden, die bis dahin ehrenamtlich und nur in einzelnen Landkreisen Betroffenen halfen. Seit fünf Jahren ist das Beratungsprojekt AMAL, in Kooperation mit dem Opferberatungsprojekt der RAA Sachsen, nun flächendeckend im Freistaat aktiv.(1) Mit ihrem aufsuchenden Ansatz konnten die MitarbeiterInnen viele Hundert direkt und indirekt Betroffene erreichen und ihnen helfen, die physischen und psychischen Folgen von rechten Übergriffen zu verarbeiten.(2) Die Mischung aus fachlicher Kompetenz und parteilicher Herangehensweise hat sich dabei bewährt. Jamil Jawabra vom Beratungsteam Wurzen betont: „Viele Betroffene, vor allem Jugendliche und Flüchtlinge, finden von sich aus nicht den Weg in eine Beratungsstelle. Sie sind jedoch dankbar, wenn sie von uns Hilfe angeboten bekommen.“ Durch Öffentlichkeits- und Gremienarbeit wurden Ausmaß, Ausprägungen und Auswirkungen rechter Gewalt in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen. Von vielen Akteuren, die mit dem Themenfeld Rechtsextremismus in Berührung kommen, wird AMAL als kompetenter und verläßlicher Ansprechpartner wahrgenommen, wenngleich die Wahrnehmung und Akzeptanz regional unterschiedlich stark ausgeprägt ist. „Es belastet uns schon, wenn wir aufgrund fehlender Ressourcen nicht in allen Landkreisen gleichermaßen aktiv sein können“, sagt Mitarbeiter Jawabra. Daß sich die öffentliche Wahrnehmung von Thema und Projekt in den vergangenen Jahren deutlich verbessert hat, findet auch einen Niederschlag auf regierungspolitischer Ebene. Seit 2005 erkennt die Landesregierung die Notwendigkeit einer professionellen Opferberatung an und AMAL erhält finanzielle Mittel vom Freistaat. Leider kann ein Rückgang rechtsextremer Einstellungen in der Bevölkerung und eine Ausdünnung der rechten Szene nicht verzeichnet werden. Beides wäre eine Voraussetzung für einen Rückgang rechter Übergriffe. Gerade Sachsen weist jedoch erschreckende Daten auf was Einstellungspotenziale, Übergriffe und Szenestrukturen anbelangt und ungeachtet einer hohen Dunkelziffer deuten die jüngsten Veröffentlichungen staatlicher und nichtstaatlicher Stellen auf eine Zunahme rechter Gewalttaten. Projektkoordinator Hagen Kreisel sieht hier leider keinen Grund zu Optimismus: „Auch in den kommenden Jahren wird ein spezifisches Beratungsangebot für Betroffene rechter Gewalt nötig sein.“ Die Bekämpfung rechter Alltagskultur, der rechte Gewalt entspringt, muß einhergehen mit der Stärkung demokratischer Kultur. Beides braucht einen langen Atem und muß vor allem von den BürgerInnen getragen werden. Das Engagement staatlicher Einrichtungen ist dabei hilfreich, kann aber fehlendes Engagement der BürgerInnenschaft nicht kompensieren. Auch nach fünf Jahren ist Beratung von Betroffenen rechter Gewalt abhängig von staatlicher Finanzierung, derzeit von Bund und Land.(3) Doch für die tägliche Arbeit ist nicht nur diese Finanzierung, sondern auch die ideelle und materielle Unterstützung von so vielen Einzelpersonen und Gruppen wichtig. AMAL möchte an dieser Stelle allen danken, die in den vergangenen Jahren dazu beigetragen haben, die Anliegen von Betroffenen rechter Gewalt sowie die Beratungsarbeit zu stärken! Ihre/Eure Unterstützung ist weiter dringend nötig. Die AMAL-MitarbeiterInnen wünschen sich zum Geburtstag ihres Projektes vor allem eines: Sensibilität gegenüber rechter Gewalt im Alltag und direkte Unterstützung von Betroffenen. Darüber hinaus werden Schokolade und Blumen in den Büros in Görlitz und Wurzen gern entgegen genommen.
(1) Das Beratungsgebiet von AMAL umfasst die Landkreise und Kreisfreien Städte Annaberg, Aue-Schwarzenberg, Bautzen, Chemnitzer Land, Döbeln, Löbau-Zittau, Mittweida, Muldentalkreis, Niederschlesischer Oberlausitzkreis, Stollberg, Vogtlandkreis, Zwickauer Land, Chemnitz, Görlitz, Hoyerswerda, Plauen, Zwickau
(2) Sowohl die regionale Zuständigkeit als auch Erhebungskriterien und Art der Datenerfassung haben sich in den vergangenen fünf Jahren verändert. Darum ist eine exakte quantitative Darstellung von Übergriffen und Betroffenen nicht möglich.
(3) Die Modellförderung durch den Bund endet 2006. Derzeit ist eine Fortführung der ostdeutschen Opferberatungsprojekte ungewiß.
Anfang August - die Heimatfest-Saison ist in vollem Gange und die NPD-Zeitung "Deutsche Stimme" mischt wieder einmal mit. In Dresden-Pappritz organisierten sie zum 5. Mal das so genanntes Pressefest, zu dem Kameraden aus ganz Deutschland eingeladen waren. Das erste "Fest" dieser Art fand 2001 in Grimma statt. Danach folgten 2002 Königslutter (Niedersachsen), 2003 Meerane und 2004 Mücka. 2005 wurde das Pressefest dann auf Grund der bevorstehenden Bundestagswahlen abgesagt. Jetzt wählten Pühse und Co. Dresden als idealen Austragungsort aus und feierten am 05. August in Pappritz...
Weiterlesen: Rückblick auf das "Deutsche Stimme"-Pressefest 2006 in Dresden
Pressemitteilung vom 23.07.06
Am frühen Morgen des 23.07. statteten 20 AntifaschistInnen dem NPD-Vermieter Wolfgang Jürgens vor dessen Wohnhaus in Dresden-Pappritz einen Besuch ab. Auf mitgeführten Transparenten und Papierfliegern wurde Jürgens` Zusammenarbeit mit der NPD im Rahmen der Organisation des diesjährigen Deutsche Stimme Pressefest kritisiert. Dank der Bereitstellung seines umfangreichen Grundstücks soll das größte europäische Nazifest mit bis zu 7000 BesucherInnen nach Planungen der NPD am 5.August in Dresden stattfinden. Durch den heutigen Besuch in seinem Vorgarten brachten die AntifaschistInnen unmißverständlich ihre Position gegenüber dem NPD-Fest und ihrem Vermieter zum Ausdruck. Dazu die Sprecherin der Gruppe Anneliese Klein: „Wer der NPD Immobilien zur Verfügung stellt und so die Infrasstruktur der Naziszene nachhaltig stärkt, muss mit unserem entschlossenen Widerstand rechnen. Wolfgang Jürgens, der offen mit der NPD sympathisiert, ist nur ein Bespiel für viele, die keinerlei Berührungsängste zu Nazis und RassistInnen haben.“ Der durch Sirenengehäul und ein Pfeifkonzert geweckte Jürgens zeigte sich weniger kommunikativ. Mittels einer Schreckschusswaffe schoss er mehrmals gezielt in Richtung der AntifaschistInnen, ohne jedoch jemanden zu verletzen.