Seit über 10 Jahren sind wir mit unseren Geschichtswanderungen in der Region unterwegs. Den Anstoß dazu gab 2008 der Dresdner Bergsporthistoriker Joachim Schindler. Bei einem ersten Treffen in der Berggaststätte auf dem Rauenstein erzählte er uns von Widerstand und Verfolgung während der Zeit des Nationalsozialismus. Auf den ersten Touren waren wir mit ihm unterwegs. Bis heute unterstützt er als Experte unsere Arbeit in diesem Bereich.
Auch im vergangenen Jahr durften wir wieder eine ganze Reihe toller Menschen durch die Region begleiten und mit ihnen über die Zeit während des Nationalsozialismus sprechen. Insgesamt waren auf 12 Wanderseminaren mehr als 250 Menschen mit uns unterwegs. Die erste Tour fand bereits Ende Februar statt, den Abschluss bildete eine Wanderung Mitte November. Mit 5 Wanderseminaren war Hohnstein der gefragteste Ort, dicht gefolgt von Altenberg mit 4 Touren. Jeweils ein Seminar fand in Schöna, Struppen und Pirna statt.
Darüber hinaus begleiteten wir Gruppen auf Führungen durch die Burg Hohnstein sowie Stadttouren durch Dresden und Pirna. Die Gäste mit den weitesten Anreisewegen kamen aus den USA und den Niederlanden. Wir haben auf unseren Touren geschwitzt, gesungen, gestritten, gelacht, gefroren, diskutiert und analysiert. Das hat uns bereichert und, Erkenntnisse gegeben.
Leider konnten wir auch einige Anfragen nicht annehmen, da wir die Grenzen unseren Ressourcen erreichten. Dies tun wir aber gern, denn Wanderungen mit euch bringen uns immer wieder großen Spaß – danke für euer Interesse.
Im nächsten Jahr wird es recht ähnlich aussehen. Leider sind die Termine bereits jetzt weg. Das heißt aber nicht, dass ihr auf den einzelnen Touren keine Plätze mehr findet. Nur weitere Termine können wir nicht anbieten. Bereits jetzt sind 9 Touren gebucht, und mehr sollen es 2023 auch nicht werden. Wir haben viele andere spannende Projekte, die unsere Aufmerksamkeit brauchen.
Veranstaltung zum 100. Geburtstag der jüdischen Bergsteigerin Ilse Frischmann
Ilse Frischmann, die 1922 in Dresden geboren wurde, gehörte in den 30er-Jahren zu den besten Bergsportlerinnen in der Sächsischen Schweiz.
Als Jüdin war sie in Nazi-Deutschland vielen Repressionen ausgesetzt, durfte nicht zur Erholung in die Berge fahren. Immer wieder wurde sie deshalb heimlich von Freund*innen mitgenommen und unternahm mit ihnen Bergtouren. Zwischen 1940 und 1943 bestieg die junge Ilse Frischmann die schwierigsten Kletterwege in der Sächsischen Schweiz.
Nachdem die Familie Frischmann zur Zwangsarbeit gezwungen wurde, verschleppten sie die Nazis 1944 ins Vernichtungslager Auschwitz. Sie überlebte, und kehrte nach der Befreiung nach Dresden zurück. Hier verstarb sie am 5. Juli 2009.
Am 27. September 2022 wird der Dresdner Historiker Joachim Schindler in der Pirnaer K2 Kulturkiste (Schössergasse 3) ihr Leben nachzeichnen. Der Vortrag beginnt 17 Uhr und ist kostenfrei.
Am 16. September 2022 verstarb unser Freund und Unterstützer Hugo Jensch in Pirna.
Wir sind in Gedanken bei seiner Familie und nehmen in Trauer Abschied.
Hugo Jensch wurde 1928 in einem kleinen Vorort von Łódź in Polen geboren. Im Alter von 22 Jahren kam er als Geschichtslehrer nach Pirna. Von 1984 bis 1991 war Hugo Jensch Kreisfachberater für Geschichte im Kreis Pirna und veröffentlichte eine Reihe von Arbeiten zur Kreisgeschichte.
Insbesondere ist ihm die langjährige Recherche zur Geschichte der Jüdinnen* und Juden* in der Region zu verdanken. So veröffentlichte er 1997 sein Buch „Juden in Pirna“ und arbeitete an der Ausstellung „Juden in Sachsen“ (2002, HATiKVA e. V.) mit. Hugo Jensch führte auch im hohen Alter noch geschichtliche Stadtführungen in Pirna durch und schrieb das Vorwort für das Buch „Vor allen Dingen war ich ein Kind“ seines Freundes Esra Jurmann.
Unsere Zusammenarbeit begann vor mehr als 15 Jahren. Zunächst war er immer wieder als Vortragsredner bei uns eingeladen. Er begleitete die Ausstellungstour „Juden in Sachsen“ und sprach regelmäßig anlässlich der „Wochen gegen Antisemitismus“. Später war er als Berater maßgeblich an der Erstellung unserer Ausstellung „Jüdisches Leben in Pirna und der Sächsischen Schweiz“ und des dazugehörigen Stadtplans beteiligt. Noch vor wenigen Wochen waren wir bei ihm zu Besuch und er vertraute uns einen großen Teil seiner Büchersammlung an, den er weiterhin öffentlich zugänglich wissen wollte.
Mit seinem Engagement und seinem historischen Wissen war Hugo Jensch ein Vorbild für unser Wirken und ein wichtiger Unterstützer unserer Arbeit.
Die Stadt Pirna und der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge verlieren mit Hugo Jensch einen kritischen und streitbaren Menschen, dessen Veröffentlichungen einen wichtigen Teil zur Bearbeitung der Geschichte während des Nationalsozialismus beigetragen haben. Von seiner wertvollen Arbeit zeugt neben zahlreichen Veröffentlichungen auch die Website www.geschichte-pirna.de, auf der Hugo Jensch seine eigenen und weitere Texte zu Geschichte der Region zur Verfügung stellte.
AKuBiZ e. V.
Pirna, 17. September 2022
Foto: @Rappelsnut